@Robbespiere

Mir und vielen anderen Menschen, sicher auch Dir, ist es wichtig, dass sich im Zusammenleben der menschlichen Gesellschaft etwas ändert. Ich meine damit auch ausdrücklich Veränderung und nicht Reformen. Das ist deswegen wichtig zu unterscheiden, weil sich völlig andere Fragestellungen ergeben. Wenn ich wirklich etwas ändern will, muss ich auch bereit sein, von Grund auf anders/neu zu denken. Du steckst mit Deinem Denken zu tief im bestehenden System. Das ist ein Dilemma. Ein Dilemma lässt sich aber weder auf der gleichen Ebene lösen, auf der es entstand, noch mit mit den gleichen Mitteln, die es verursachten. Um zu verdeutlichen, was ich meine:

Nehmen wir an wir wohnen in einem Haus, in dem der Keller regelmäßig mit Wasser geflutet wird. In der ersten Variante haben wir eine Krisensituation durch regelmäßige Rohrbrüche. Mit unseren »Bordmitteln«, dem Absperren von Leitungen und Erneuerung des Leitungssystems, beheben wir das Problem. In der zweiten Variante kommt das Wasser vom Fluss, der über seine Ufer tritt. Das können wir mit unseren »Bordmitteln« nicht beheben. Man muss anders denken. Selbst der angedachte Deich macht Probleme, weil dann Überschwemmungen an anderer Stelle andere Menschen bedrohen. Man steht vor einem Dilemma.

Man verbleibt im Krisenmodus, wenn man davon ausgeht, dass Geld immer knapp sein muss. Geld durchzieht alles wie ein roter Faden. In einer Gesellschaft mit begrenzten finanziellen Mitteln, kann jemand nur gewinnen, wenn ein anderer verliert. Der ganze Hickhack um Steuern auf Einkommen aus eigener Leistung und Sozialabgaben oder Steuern zur Umverteilung aus leistungslosen Renteneinkommen (damit sind nicht Altersrenten gemeint), die dauerhafte panische Geldknappheit der öffentlichen Hand, Staatsverschuldung … zeugen von diesem Denkgefängnis. Es beruht nicht auf natürlichen Regeln, sondern es ist von Menschen erdacht und umgesetzt.

Die eigentliche Frage ist doch, ob dies tatsächlich so sein muss. Die Ökonomen werden dies bejahen. Weil ihr Fachgebiet auf der Verteilung knapper Güter beruht. Bedarfsdeckung und Wohlstand für alle liegen außerhalb ihrer Lehre. Denn nur ein knappes Gut ist ein Wirtschaftsgut und bringt Profit. Und theoretisch damit wieder Investitionen … Für eine Gesellschaft, die grundsätzlich auf Wettbewerb setzt, ist dies ein völlig logischer Ansatz. Wollen Menschen aber tatsächlich jeden Tag gegeneinander kämpfen? Überfluss setzt den Profit nach einiger Zeit auf null. Im Gegensatz zum heute verwendeten Geld ist die menschliche Leistungsfähigkeit unbegrenzt und nicht knapp. Man sollte dabei nicht nur die Produktion materieller Güter betrachten, die natürlichen Grenzen unterliegt, sondern auch den sozialen Bereich, Wissenschaft und Forschung inklusive Umwelt- und Naturschutz, Kultur, Bildung … (keine vollständige Aufzählung). Im Prinzip ist für nichts wirklich Geld da. Nichts bewegt sich ohne Geld. Viele menschliche Leistungen können nicht abgerufen oder Aktivitäten gefördert werden, weil einfach Geld fehlt und/oder man mit diesen Investitionen keinen Gewinn machen kann. Trotzdem wäre es wichtig für die Gemeinschaft, dass diese Leistungen erbracht werden. Die Politiker tun so als wenn sie in einem Bett liegen und sich um eine Decke streiten. In Wirklichkeit streiten sie fast immer nur um Geld und wie es verteilt wird.

Man steht also vor einer komplizierten Situation. Es ist kein Geld da. Man kann oder will sich nicht weiter verschulden, weil dann das Geld für die Zinstilgung fehlt oder aufgebracht werden muss. Steuern will man auch nicht bis ins unendliche erhöhen. Andererseits hat man eine leistungsstarke Gemeinschaft, die Überfluss produzieren kann und genügend Menschen, die sich mehr mit ihren Leistungen in die Gemeinschaft einbringen würden.

Diese Situation lässt sich nicht von einem Tag auf den anderen lösen. Aber: Nehmen wir nun an, dass diese Gemeinschaft beschließt, ihr Geld auf andere Art zu schöpfen und in den Umlauf zu bringen. Dieses Geld wird nicht als Schuld ins Leben gerufen, sondern als Eigenkapital und zinsfrei. Nicht von privaten Banken, sondern nur von der zentralen und/oder regionalen Banken der Gemeinschaft. Gleichzeitig beschließt die Gemeinschaft ein generelles Vorkaufsrecht auf alle Immobilien und ein Verbot für alle öffentlichen Institutionen Immobilien zu veräußern und erhebt Steuern auf nicht von den Eigentümern selbst genutzte Immobilien, auf umwelt- und gesundheitsschädliche Produkte und auf leistungslose Einkommen… Die Gemeinschaft wäre sofort in der Lage, alle Investitionen selbst zu finanzieren. Sie brauchte nicht auf Geld von Investoren (von Vermögenden) zu warten. Brauchte man Wohnungen wäre Geld da. Brauchte man Krankenhäuser wäre Geld da. Brauchte man zusätzliche Mitarbeiter bei der Pflege von alten Menschen wäre Geld da. Für alle Menschen, die in Not geraten könnte ein BGE gezahlt werden. Abgaben für Arbeitslosigkeit, Rente und Krankheit könnten entfallen. Für Wissenschaft und Forschung wäre es nicht knapp usw. Selbst wenn man Produktionsstätten benötigte, könnte man sie finanziell sicherstellen. Oder Aktien von Shareholdern abkaufen. Letztlich müsste man sich ein System ausdenken, wie man die Geldmenge kontrolliert Das Problem besteht immer, wenn Geld in einen Umlauf geschickt wird. Möglich wären Mieten und Gebühren und verbrauchsabhängige Steuern. Ein anderes Problem, welches gelöst sein müsste ist, dass es den Vermögenden unmöglich gemacht wird, mit ihrem Vermögen zu spekulieren und/oder den Wirtschaftskreislauf zu stören. Den Vermögenden bleibt die Chance, bis zum Ende ihres Vermögens Urlaub zu machen oder sich mit eigener Leistung in die Gemeinschaft einzubringen. Möglichkeiten aus Vermögen Vermögen zu machen, werden abgeschafft.

Langfristig wäre noch so viel, viel mehr möglich, auf das ich jetzt nicht eingehen möchte, weil es alles verkompliziert und diesem Rahmen endgültig sprengen würde. Vorteil dieser Variante der Transformation wäre, dass alles völlig friedlich bleiben kann. Niemand muss fürchten, dass ihm etwas von seinem Eigentum genommen wird. Feindbilder sind also nicht notwendig. Außerdem würden die meisten Menschen im ersten Augenblick nichts von den Veränderungen direkt spüren, weil alles im Hintergrund abläuft. Es könnte der Übergang vom Wettbewerb zur Kooperation werden. Ich bin nicht in der Lage, ein allumfassendes Wirtschaftssystem zu erdenken. Dazu müssen sich schon viele Menschen Gedanken machen. Es ist die Sache aller Menschen, ihr Leben zu gestalten. Außerdem bleibt vom bestehenden System zunächst sehr viel erhalten. Dies war nur eine Idee, in welche Richtung man denken könnte. Die Grundidee stammt auch nicht von mir, sondern es gab sie im Wesentlichen schon vor rund 200 Jahren auf der britischen Insel Guernsey. Und sie funktionierte.

Was aber wirklich ein weiterer entscheidender Punkt ist: Mit einer repräsentativen Demokratie (Parteienoligarchie), wie sie heute funktioniert, lässt sich dieser Vorschlag nicht realisieren. Man wird sich den klassischen Demokratieideen wieder nähern müssen.

Die Ökonomen und sogenannten Wirtschaftsexperten werden nun sagen: Das geht doch nicht. In der Tat ist dieser Ansatz einer, der sich von der gegenwärtigen Art und Weise, wie man Wirtschaft organisiert, unterscheidet. Ich denke, man sollte es versuchen. Was heute schon alles nicht geht, sehen wir jeden Tag. Kriege, Umweltzerstörung, Massentierhaltung, Erwerbslosigkeit, Hartz4, Obdachlosigkeit, Hunger und Menschen, die den Müll durchwühlen, Mangel an Trinkwasser und medizinischer Versorgung … Es bleibt gar nichts anderes übrig, als endlich menschlich zu denken und nicht ökonomisch.