Durch Arbeit wird kaum jemand reich in Deutschland. Nur in seltenen Fällen sind Löhne so hoch, dass sich Arbeitnehmer damit ein nennenswertes Vermögen aufbauen können. [13]

Geld vermehrt sich nicht!
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Ich greife nochmals ein Thema auf, dessen Wichtigkeit man nicht oft genug wiederholen kann. Da es keinen Eingang in die Lehrbücher von Schulen und Unis und in die Medien findet, gibt es dazu keine breite gesellschaftliche Diskussion, die längst überfällig ist.
Die höchsten Einkommen werden weltweit nicht durch eigene Leistung erzielt, sondern durch Vermögen. Die Leistungsgesellschaft ist eines von vielen bürgerlich-ökonomischen Märchen. Diese Tatsache der leistungslosen Renteneinkommen ist wie von einem Nebel verschleiert. HartzIV ist dafür in aller Munde. Die perfekte Ablenkung.

»… Für jeden Laib Brot, für jedes Brötchen, die wir kaufen, zahlen wir, ob wir wollen oder nicht, ob wir es wissen oder nicht, einen bestimmen Betrag an Geld an die Eigentümer von Boden und Kapital, ohne dass diese Menschen an dem Arbeitsprozess beteiligt sind. Diese Einkünfte bezeichnen die Ökonomen als „Renten“, das sind Einnahmen, denen keine Arbeitsleistung gegenübersteht, leistungslose Einkommen, die man erhält, wenn man Vermögen besitzt.

Da stellen sich zwei Fragen. Erstens: Wie hoch sind diese Geldströme? Und zweitens: An wen fließen sie?

Der Sachverständigenrat der deutschen Wirtschaft (die „5 Weisen“) beziffert die Höhe dieser „Nicht-Arbeits-Einkommenszuflüsse“ oder Rentiereinkommen an die Rentiers für die Jahre 2006 bis 2008 auf durchschnittlich € 518 Mrd. pro Jahr. Das ist sehr viel Geld. Zum Vergleich: Herr Schäuble, unser Bundesfinanzminister, hat jedes Jahr ungefähr 300 Mrd. Euro zur Verfügung, also deutlich weniger. Bezogen auf die Konsumausgaben der privaten Haushalte von durchschnittlich 1.361 Mrd. Euro in diesen drei Jahren beträgt die Abgabenquote der privaten Haushalte an die Rentiers 38%. Auch heute, 2015, gelten ähnliche Relationen. Im Durchschnitt beträgt also der Kapitalanteil, den wir mit jedem Produkt- oder Dienstleistungskauf zahlen, gut ein Drittel des Kaufpreises.

Jeder von uns zahlt also täglich Zinsen, Dividenden und Pachten an die Bezieher dieser leistungslosen Einkommen, auch wenn wir keinen Kredit bei der Bank aufgenommen haben und in den eigenen vier Wänden wohnen…«

Aus »Krebs im Wirtschaftsleben« Dr. Christian Kreiß

Alle Güter und Dienstleistungen enthalten in ihren Preisen einen Arbeitsanteil und einen Kapitalanteil. Was Kreiß beschreibt, ist der normale Zustand einer Geldwirtschaft, wenn Kapital [01] belohnt wird und nicht die Leistung. Nahezu jeder Mensch wird systembedingt und legal enteignet. Es spielt dabei keine Rolle, man sich nun zu »Linken«, »Liberalen«, »Mittigen«, »Konservativen«, »Gestreiften«, »Karierten« oder »Rechten« zählt, ob man Mann oder Frau, ob man Christ, Jude oder Moslem ist … Es kommt darauf an wie viel Vermögen man angehäuft hat und es für sich »arbeiten« lässt. Kreiß schreibt weiter:

»An wen fließt dieser riesige Geldstrom von über 500 Mrd. Euro pro Jahr? Der größte Teil, nämlich 80%, fließt an die wohlhabendsten 20% der Bundesbürger, denn diese besitzen etwa 80% des deutschen Nettovermögens – das ist Vermögen abzüglich Schulden –, …« [02]

Die Mehrheit der Menschen erzeugt die Güter und Dienstleistungen. Aber eine Minderheit macht sich, ohne sich bücken zu müssen, die Taschen voll. Das funktioniert seit tausenden von Jahren. Den sogenannten »Kapitalismus« kann man deshalb als konsequente Fortsetzung in der Evolutionsreihe der Ausbeutungsgesellschaften verstehen. So ist es auch erklärbar, dass viele Vermögende von heute auf lange Ahnenreihen verweisen können. [03]

Wie kommt es in einer »Demokratie« dazu, dass die Mehrheit den Kuchen backt, aber sich dann um die Krümel streiten muss?
Die einfache Kombination aus Eigentum, Gesetzgebung und geliehenem, verzinsten (Giral)Geld, welches in Kapital wandelbar ist und umgekehrt, macht es möglich.
Es wird einem lebenslang vermittelt, dass man in einem Sozialstaat, einem Rechtsstaat mit Freiheit und Demokratie lebt. Bei näherer Betrachtung entpuppen sich die Begriffe als leere Worthülsen oder sind sinnentstellt. In der Gegenwart bietet die obige Kombination Menschen die Möglichkeit, Besitz/Eigentum plus Ausbeutung (auf der Grundlage von Besitz/Eigentum resultierende leistungslose Einkommen s.o.) hinter einem juristischen Schleier zu verbergen.

Die Gesetzgeber (»Volksvertreter« im Parlament) schaffen die Gesetze zum Eigentum, Besitz, Erbschaft, Arbeit, Steuern, Bilanzierung, Sozialabgaben, Währung … Subventionen und Bankenrettung. Alles ist gesetzlich geregelt. Regelungen in der Tradition der Ideen des römischen Sachen- und Schuld»rechts«, in dem Menschenrecht ohne Bedeutung war. Kein Unternehmen, inklusive Banken und Börsen, öffnet seine Tore auf ungesetzlicher Basis. Gesetze, die Problemlösungen für die Gemeinschaft darstellen sollten, verschärfen ununterbrochen die Lebensbedingungen, die Angst und den Zwist zwischen Menschen. Sie schaffen gleichzeitig die Gründe für die Daseinsberechtigung von Parteien, Wahlen und Parlament. Probleme und »Lösungen« kommen aus einer Hand.

Wenn die Menschen (»Volksvertreter«) Gesetze verabschieden würden, die das Menschenrecht in den Vordergrund stellen, was man in einer »Demokratie« erwarten sollte, stände die Gesellschaft längst auf anderen Füßen. Sie können dies nicht, weil der Souverän (»Volk«) kein Zugriffsrecht auf das staatliche Geldregal [04] hat und seine Geschicke nicht selbst lenken kann. Das heißt, genau diese »Volksvertreter« haben das Hoheitsrecht an »unabhängige« [Von wem unabhängig? Vom Souverän?] Zentralbanken per hausgemachten Gesetzen abgetreten und verzichten sogar auf gesetzliche Regelungen zur Buchgeldschöpfung der Geschäftsbanken. [05]
Die Gemeinschaft ist abhängig von Investoren. Weil man nun nichts zum Verteilen hat, außer Einnahmen aus Abgaben bzw. verzinste Schulden, geht es im Parlament nur um das Machtspiel, wer seine Klientel am besten bedient und die anderen übers Ohr haut. Da in einer, auf einem Nullsummenspiel basierenden, Gesellschaft einer nur mehr haben kann, wenn er dem anderen etwas wegnimmt, wird Parteipolitik von einem ständigen Gebrüll nach Wachstum begleitet. Sie [die »Volksvertreter«] können es eventuell intellektuell nicht erfassen oder sind dazu nicht gewillt, dass bei ihnen die Ursachen für Not, Obdachlosigkeit, HartzIV, Einkommenslosigkeit, mangelnde Solidarität und schwindende Empathie …, mit gleichzeitiger Vermögenskonzentration bei wenigen Menschen, liegen. Der sinnlose, unlösbare Streit um die Verteilung der Krümel, ein Scheingefecht, durchzieht die gesamte Gesellschaft. Man versteckt sich hinter selbst produzierten »Sachzwängen«. Die Verantwortung [nicht Schuld] liegt eindeutig in der Gesetzgebung, bei den Menschen in den Parteien, im Parlament, der Regierung und bei denen, die sie wählen und gewähren lassen. Ich schließe mich da nicht aus, obwohl ich wenigstens das Wahlspektakel meide.

Man sollte sich ernsthaft die Frage stellen: Hat man »Demokratie« mit Mehrheitsprinzip oder eine verschleierte Diktatur der Minderheit der Besitzenden und Eigentümer?

Und um die Probleme zu lösen, müsste man nicht einmal jemanden enteignen, brauchte keinen Klassenkampf und keine Revolution. Es würde schon ein guter Anfang sein, wenn man die anerzogenen, gelernten und medial vermittelten Lebenslügen der ökonomischen Ideologie in Frage stellt. Das fängt damit an, dass sich keine Gemeinschaft finanziell verschulden muss und für ihre Projekte fremde Investitionen benötigt; dass man hinterfragt was Werte und Arbeit sind.
Auf konkrete Ideen zum Beenden dieser Situation komme ich demnächst zurück.

So lange die Menschen diese Zusammenhänge nicht verstehen, dafür wird von Schulen, Unis, Medien, Parteien, Regierung … alles getan, gilt die Losung von Benito Mussolini: »Alle können wählen, bis zur Langeweile, bis zur Verblödung.« [06]

[01]: Kapital und Geld sind nicht dasselbe.
[02]: Auch bei den 20% »Gewinnern« ist die Verteilung höchst unterschiedlich. Mehr unter [7]
[03]: »Reich wird man nicht, reich bleibt man«
[04]: Das Geldregal - ist ein Hoheitsrecht von Verfassungsrang. Es garantiert das Vorrecht der Geldschöpfung und den Anspruch auf den Geldschöpfungsgewinn (Seigniorage).
[05]: Die Giralgeldschöpfung der Geschäftsbanken ist, man staune bei der parlamentarischen Regelwut, nicht durch Gesetze geregelt - sagt die Bundesbank (selbst kein gewähltes Organ) : Link
[06]: Zitiert nach: Mausfeld – Die Angst der Machteliten vor dem Volk
[07]: Sozialwidriges Verhalten in einem asozialen System … Eine Langfassung zu diesem Thema
[08]: Ergänzend: Prof. Dr. Jürgen Kremer: Die Polarisierung der Gesellschaft
[09]: Ergänzend: Was machen die Unternehmen mit ihren Gewinnen? Die Bundesbank gibt Antwort
[10]: Ergänzend: manager magazin: Die 45 reichsten Familien besitzen so viel wie die Hälfte der Bevölkerung
[11]: Ergänzend: Telepolis: Viel in den Händen weniger
[12]: Ergänzend: OXFAM Deutschland: Reward Work, not Wealth
[13]: SPIEGEL ONLINE: »Wer hat, dem wird gegeben«